Der gefühlvolle Kerckermeister

Aus Wikipedia
Der Artikl is im Dialekt Weanarisch gschriem worn.
Daten
Titl: Der gefühlvolle Kerckermeister
Originaltitl: Der gefühlvolle Kerckermeister oder Adelheid, die verfolgte Wittib, usw.
Goddung: parodierendes Zauberstück mit Gesang in drei Aufzügen (Acten)[1]
Originalsproch: Deutsch
Autor: Johann Nestroy
Literarische Voarlog: „Der Schutzgeist“ vom August von Kotzebue
Musi: Adolf Müller senior
Eascheinungsjoar: 1832
Uaauffiahrung: 7. Februar 1832
Oat vo da Uaauffiahrung: Theater an der Wien in Wean
Oat und Zeid vo da Handlung: Die Handlung spielt irgend wo, und fällt in das Jahr so und so viel
Personen
  • Krotto der Kleine mit dem großen Bart, Sternenkönig
  • Berengario, ein böser Zauberer, famoser Tyrann und renomierter Verfolger der Wittween[2] und Waisen
  • Adelheid, bedrängte Wittib Pfundars, des ehemahligen rechtmäßigen Besitzers des Zauberschlosses, dessen gegenwärtiger Besitzer, durch unrechtmäßigen Raub, Berengario ist
  • Bubino, ihr sechsjähriger Sohn von sechs Jahren
  • G'schicktus, ungeschickter Abgeschickter Krotto's
  • Seelengutino, Kerckermeister auf dem Zauberschlosse
  • Dalckopatscho,[3] sein Sohn
  • Flegelino, Portier des Zauberschlosses
  • Sputzifurino, Berengario's Vertrauter[4]
  • Krakelio, ein Gewaffneter
  • Pantoffelino, ein Bauer[5]
  • Tradi, sein Weib
  • Glachelio,[6] ein Bräutigam
  • Schatzeline, seine Braut
  • Mehlisacko, ein Müller
  • Gareissl,[7] ein junger Fischer
  • Pumpfo,[8] ein Bauer
  • ein alter Greis, weisser Bewohner einer schwarzen Höhle
  • vier zur Ermordung Gedungene
  • Bewaffnete und unbewaffnete Berengario's, Bauernväter, Bauernmütter, Bauernsöhne, Bauerntöchter, Bauernkinder, unübersehbares Volk, prächtiges Gefolge des Sternenkönigs, verschiedene Nymphen, Geister, Genien etc. etc.

Der gefühlvolle Kerckermeister oder Adelheid, die verfolgte Wittib. Gesprochene und gesungene Parodie eines getanzten Dramas, mit Verwandlungen, Gruppierungen, Äußerungen, Mutmaßungen, Einsperrungen, Entführungen, Malträtierungen, Rettungen, Dingsda und allem Erdenklichen, was sie sich selbst wünschen, in drei Aufzügen, is a parodierendes Zauberstückl mit G'saung vom Johann Nestroy. Es is aum 7. Februar 1832 ois Benefiz fia de Schaspülarin Thekla Kneisel im Theater an der Wien aufg'füaht wua'n

Inhoit[Werkeln | Am Gwëntext werkeln]

Da Berengario wü de Adelheid zum Heirat'n zwinga, owa weu sa se – olladings eh net b'sundas iwazeigend – dageg'n sträubt, låsst ea's z'såmm mit'n Bubino und mit'n G'schicktus in sein Keaka weaf'n. Ea schickt ihra vier Mörda nåch, owa da getreue Seelengutino kaunn de Vabrecha b'soff'n måch'n und rennt mit denen G'faunganan aus'm Schloss davau.

Dalkopatscho: „Gute Nacht ihr Halunken!“
Seelengutino: „Jetzt ist die Kuh aus'n Stall!“ (I. Act, 13te Scene)[9]

Daweu dass da Berengario mit da Vafoigung aufaungt, kumman de Flüchtling beim Seelengutino sein Gevattan Pantoffelino im Duaf aun. De Bauern vakleid'n de Adelheid ois Bäuarin und woin's unta de taunzad'n Hochzeitsgäst' vasteck'n, owa da Berengario kaunn's mit da Hülf vom hintafotzich'n Pumpfo aussefind'n. De Flüchtling' kennan eahm nua knåpp mit da Hülf' von an Woifisch auf ana Schiffsmühl'n auskumma.

Berengario: „Ha dort echappiert[10] sie! Zu Schiffe! zu Schiffe!“ (II. Act, 17te Scene)[11]

Da aungebliche „weise“ Greis, den's in seina Höhl'n aufsuach'n, soi eahna mit Råt und Tåt hölf'n, owa ea is nix aundast ois a „weiß(haarich)a“ Dodl. Seine anzich'n Råtschläg, wia da Berengario mit seine G'wåffnet'n auftaucht, san Nåchplapparei'n ois wia von an Påpagei. Im letzten Maument taucht da Krotto da Klane mit sein' Zauwaschiff auf, vabaunnt in Berengario und olle de Seinich'n in de Untawölt und hoit um de Haund von da Adelheids au:

„Nun kommt in mein Sternenreich, dort werde die Vermählung gefeyert.“ (III. Act, 10te Scene)[12]

Weaksg'schicht'[Werkeln | Am Gwëntext werkeln]

Des historisch-pantomimische Ballett in fünf Aufzügen ‚Adelheid von Frankreich‘ vom Louis Henry, Ballettmasta aum k.k. Hoftheater nächst dem Kärnthnerthore, is genau durt'n seit'n 5. Jänner 1832 mit an guat'n Eafoig aufg'füaht wua'n. Scho aum 7. Februar is in Nestroy sei Parodie im Theater an der Wien zagt wua'n.

De Grundlåg fia beide Stückl'n woa de dramatische Legende „Der Schutzgeist“ (Urauffüahrung in Berlin 1814, in Wean 1815 im Theater an der Wien mit'm Tit'l Adelheid von Italien) vom August von Kotzebue. Då drin wiad de G'schicht von da deitsch'n Kaisarin und Heulich'n Adelheid von Burgund (931–999) vazöhlt. Sie woa de Witwe vom Kenich Lothar II. (in da Parodie Pfundar), dea woahscheinlich vom Gråf'n Berengar II. (in da Parodie Berengario) vagiftet wua'n is. De Adelheid is drum zum deitsch'n Kenich Otto der Große (in da Parodie Krotto der Kleine) g'flüchtet, den wo sie daunn aa g'heirat't håt.[13]

Da Nestroy, dea wås 1831 von Graz und Preßburg nåch Wean zum Direkta Carl Carl ins Theater an der Wien iwasied'lt is, håt 1832 mit'm „Gefühlvollen Kerckermeister“ sei erschtes eigenes Stückl füa des Theata vafosst. De söwiche Parodie håt de daumois beim Publekum so beliabt'n romantisch'n und sentimental'n Theata-Vasåtzstückln lächalich g'måcht. Es woa, obwoi des Publekums z'erscht iwaroscht g'wes'n is, a großa Eafoig und is 1832 insgesaumt zwanz'gmoi g'spült wua'n.[14]

Da Johann Nestroy håt in Dalkopatscho, da Direkta Carl Carl in Seelengutino, da Franz Gämmerler in Mörder Würgano, da Friedrich Hopp in alten Greis, da Ignaz Stahl in Pantoffelino und in Flegelino, und de Benefiziantin Thekla Kneisel de Adelheid g'spült. Auf dem Theaterzettel woa vameakt: „Arrangiert von Carl“.[15]

Zeidungskritik[Werkeln | Am Gwëntext werkeln]

Des Publikum woa begeistat, bei dene Kritika woa's eha g'mischt. Vua oll'n haum's de Regie vom Direkta Carl, de Musi vom Adolf Müller und de Schauspülarin Thekla Kneisel g'lobt.[16]

Der Wanderer vom 14. Februar (Nr. 45, S. 84) håt festg'stöllt:

„Die neue Parodie des Hrn. Nestroy: ‚Der gefühlvolle Kerkermeister,‘ macht dem Theater an der Wien fortwährend volle Häuser. Mad. Kneisel, die HH. Carl, Nestroy und Werle finden darin die meiste Gelegenheit zur Auszeichnung.“

De Wiener Theaterzeitung vom Adolf Bäuerle håt in ana recht ausfüahrlich'n Kritik aum 15. Februar 1832 (Nr. 33, S. 130 f.) über'n Nestroys sei Schauspülarei g'schrieb'n, ea hätt' „ein vorzüglich launiges Spiel“ zeigt und daduach sei wieda amoi bewies'n wuan, „wie sehr sein eifriges Bemühen, die Gunst des Publikums gänzlich zu erlangen, auch anerkannt war.“ Da Nestroy ois Autor is olladings jetzt no weniga g'lobt wuan, umso gressa woa des Lob fia'n Direkta Carl sei Arrangement von dem Stückl.

Im Sammler håt da Ignaz Franz Castelli aum 21. Februar (Nr. 22, S. 88) a weng z'ruckhoitenda g'mant:

„[…] dass die Pièce ihr Glück offenbar nur der scheinbaren Einheit der Idee und dem genauen Mechanismus zu danken habe und jede folgende Spekulation dieser Art missglücken müsse. […] Übrigens ist Hr. Carl als Kerkermeister eine so ergötzliche und zwerchfellerschütternde Gestalt, daß er wahrlich solcher Notbehelfe[17] nicht bedarf. Hr. Nestroy thut des Guten ein wenig zu viel; Mad. Kneisel aber bewährt ihre Lieblichkeit und Brauchbarkeit auch in dieser Rolle.“

Spätare Fåchkritik'n[Werkeln | Am Gwëntext werkeln]

Da Otto Rommel håt des Stückl in de Kategorie von dene Parodien eig'reiht, „die sich des Zauberapparates bedienen“ (Zitat). Dazu håt ea aa no zöhlt: Der Zauberer Sulphurelectrimagneticophosphoratus, Nagerl und Handschuh, Zampa der Tagdieb und Robert der Teuxel.[18].

Bei Brukner/Rommel is zan les'n, dass da Nestroy de Unwoahscheinlichkeit'n und Iwatreibungan von dem Ballett ziemli resch vaspottet g'hobt hot. Am schäafst'n is dabei des Pathos vom g'fühlvoi'n Kerkamasta, von da edlen Wittib und vom weisen Einsiedla parodiert wur'n. Drum håt des Stückl aa ohne dass des Publekum 's Ballets kennt hot, unhamlich g'wiakt, b'sundas owa weu fia de Zeitgenoss'n da direkte Vagleich aa no dazua meglich woa.[15]

Da Helmut Ahrens stöit fest, dass dees varruckte Stückl fia's Publekum wås Neuch's g'wesen is, des wås si zwoa dene Element'n von an Zauwamärch'n bedient, owa dee Vasåtzstückln vom Alt-Wiener Volkstheater nua benutzt, damit's es umso bessa parodier'n kaunn. Dass de Kritika so uneinich woa'n, hängt nåch'n Ahrens aa damit z'saumm, dass de Journalist'n von Wean daumois net imma gerecht, sundan oft sogoa unhamlich korrupt g'wes'n warat'n.[19]

Jürgen Hein und W. Edgar Yates zag'n b'sundas auf, dass des Stückl in Nestroy sei erscht's – waunn aa anonym's – eafoigreich's Weana Stückl woa, obwoihl eigentlich Nagerl und Handschuh von Direkta Carl scho vuahea bei da Zensur ei'g'reicht wuan is. Aus heuticha Sicht is zum dakenna, dass da Nestroy mit dera Parodie de „Ballettromantik“ seina Zeit vaspott' håt. Duach'n Nestroy-typisch'n nüachtan-satirisch'n Schluss håt ea de kitschiche Romantik vom Origenäu noamoi deitli „ad absurdum“ g'fiaht, waunn de Adelheid im Schlusstrio Adelheid/Dalckopatscho/Seelengutino gaunz prosaisch singt:[20]

„Ich krieg jetzt ein Mann, zwar sehr schön ist er nit
Jetzt hab ich doch vor der Verfolgung ein Fried.
Er ist reich, das is d'Hauptsach jetzt auf dieser Welt,
A Wittwee braucht nichts als ein Mann und viel Geld.“ (III. Act, 10te Scene)[12]

Literatua[Werkeln | Am Gwëntext werkeln]

  • Helmut Ahrens: Bis zum Lorbeer versteig ich mich nicht. Johann Nestroy, sein Leben. Societäts-Verlag, Frankfurt am Main 1982, ISBN 3-7973-0389-0.
  • Fritz Brukner/Otto Rommel: Johann Nestroy, Sämtliche Werke. Historisch-kritische Gesamtausgabe, dritter Band, Verlag von Anton Schroll & Co., Wien 1925; S. 1–76, 413–436.
  • Jürgen Hein/W. Edgar Yates: Johann Nestroy; Stücke 2. In: Jürgen Hein/Johann Hüttner/Walter Obermaier/W. Edgar Yates: Johann Nestroy, Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Jugend und Volk, Wien/ München 1993, ISBN 3-216-30343-8; S. 1–65, 144–273.
  • Franz H. Mautner (Hrsg.): Johann Nestroys Komödien. Ausgabe in 6 Bänden, Insel Verlag, Frankfurt am Main 1979, 2. Auflage 1981, 1. Band. OCLC 7871586.

Beleg[Werkeln | Am Gwëntext werkeln]

  1. im Text steht ollaweul Act stått Aufzug
  2. typische Schreibweis' vom Nestroy, de aa in andare Werk' vuakummt
  3. Dalckopatscho, Dalkopatscho = Verballhornung von Tollpatsch, ungarisch talpas, ung'schickta Mensch
  4. im Origenäumanuskript trågt ea den Nauman Spatzifarino
  5. im Origenäumanuskript trågt ea in Nauman Pfifficone, nocha aa no Pantoffel; Pantoffelino steht easchtmois auf'm Theatazedl
  6. Glachelio = im östareichisch'n is a Klachel oda Glachel a träga und grobschlächticha Mensch
  7. Gareissl, Gareisl = weanerisch füa de Karausch'n (a klana Fisch)
  8. Pumpfo = von Pumpf, a groba Mensch
  9. Hein/Yates: Johann Nestroy; Stücke 2. S. 33.
  10. echappieren = oidvatrisch fia entweichen, entwischen
  11. Hein/Yates: Johann Nestroy; Stücke 2. S. 53.
  12. 12,0 12,1 Hein/Yates: Johann Nestroy; Stücke 2. S. 64.
  13. Franz H. Mautner (Hrsg.): Johann Nestroys Komödien. S. 313–314.
  14. Helmut Ahrens: Bis zum Lorbeer versteig ich mich nicht. S. 108–109.
  15. 15,0 15,1 Brukner/Rommel: Johann Nestroy, Sämtliche Werke. S. 431–436.
  16. Hein/Yates: Johann Nestroy; Stücke 2. S. 190–. (für das gesamte Kapitel Zeitgenössische Rezeption)
  17. da Rezensent hot damit de grodzua pingelige Genauichkeit von da Nachauhmung von dene Origenäu-Ballettszenen bekrittelt
  18. Rommel: Nestroys Werke, Auswahl in zwei Teilen, Goldene Klassiker-Bibliothek, Deutsches Verlagshaus Bong & Co., Berlin/Leipzig/Wien/Stuttgart 1908, S. XXVI, XXX.
  19. Helmut Ahrens: Bis zum Lorbeer versteig ich mich nicht. S. 109.
  20. Hein/Yates: Johann Nestroy; Stücke 2. S. 1–2.