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Faschwundena Impeafekt

Aus Wikipedia
Der Artikl is im Dialekt Hausrukfiatlarisch gschriem worn.

Da faschwundane Impeafekt, auf Hochdeitsch a "Oberdeutscher Präteritumsschwund" gnend, is a gramatikalische Bsondaheit fu de boarischn Dialekt, des in de aundan geamanischn Schbrochn sunst neta nu in de alemanischn Dialekt gibt, im Jidischn, im Pennsilfaanisch Deitsch und im Afrikaans. Des hoast, dass im Boarischn koan Impeafekt (ich sagte, ich saß, ich sprach, ich kam, ich ging, ...) gibt und de Fagaungenheit blos mim analütischn Peafekt gmocht wean kau. Oanzige Ausnaum han de Veabn "sei" und "woin".

Im Oid-Boarischn, oiso in da ödasdn schriftlich iwalifatn Foam fum Boarischn, hods sowoi a Peafekt gem ois wia a a Impeafekt, oiso zwoa gramatikalische Foamen wia ma d'Fagaungenheit büdn kina hod. S'Peafekt hod ma in deara Zeid owa nu one Hüfszeidwoat büt, ned so wia heit mim pearifrastischn oda analütischn Peafekt, wo ma oiwai song muas "ea is gaunga" und "ea hod gsogt".

De schwochn Veabn haum des Partizip Peafekt im Oid-Boarischn oiwai mid da Foasüm "ca-" büt, zan Baischbü: caheizan (ghoassn), casazta (gsezt), calerit (glead / "gelehrt"). Oft is des owa a ois "ka-" gschrim woan, wos in da Ausschbroch e koan Untaschiad mocht, wia zan Baischbü: kauihit (gwaid, gheiligt), kahaltana (ghoidn), kascof (gschofn).

De schdoakn Veabn büdn s'Partizip Peafekt one a Foasüm, so hoasn baischbüswais de Foamen fum Woat "kema/kuma" im Oid-Boarischn:

  • quëman (Infinitiv), quimit (3. Peason Singular, Presens), quam (3. Peason Singular, Impeafekt), quamun (Peafekt)[1]

Boarisch-Mitlhochdeitsch

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Da Woita fu da Fogiwoad hod in Impeafekt nu oft fawent

Im Boarisch-Mitlhochdeitsch, oiso in da Foam fum Boarischn de so umara fum 11dn bis zan 14dn Joahundat gschrim woan is, hod si de gramatikalische Logik fum Oid-Boarisch waida entwükit. Duach de Laudfaendarungen haum si owa de genauen Foamen a weng faendat. Des Baischbü mim Woat "kema/kuma" hod in deara Zeid aso ghoassn:

  • kchömen/kchomen/kchumen (Infinitiv), kchum(p)t, kchüm(p)t (3. Peason Singular, Presens), kchom (3. Peason Singular, Impeafekt), kchômen (Peafekt)

Da Woita fu da Fogiwoad (1170-1230), dea woaschainli aus Siddiaroi oda aus Niadaestareich woa und fu dem olahaund boarisch-mitlhochdeitsche Text iwalifat han, dea fawent sowoi as pearifrastische Peafekt, so wia mia heit, owa genau so keman bai eam a nu an Haufn Impeafektfoamen fia. Zan Baischbü schreibt a in seim Palestinaliadl:

ez ist geschehen, des ich ie bat
ích bin komen* an die stat,
da got menischlichen trat
...
waz ist wunders hie geschehen!
daz ein magt ein kint gebar,
heere über áller engel schar,
wáz daz niht ein wunder gar?[2]

Iwasezung:

Es is gscheng, des wos I oiwai bedn hob
I bin kema zu dea Schdod
do wo da Heagod auf d'Wöd kema is.
wos is do fia a Wunda gscheng!
das a Mogd a Kind geboan hod,
eahobn iwa ole Öngischoa,
woa des ned a Wunda goa?

*de Foam "komen" one de Foasüm "ge-" is oans fu de Meakmoi dafia das des boarischs Mitlhochdeitsch is.

Boarisch-Frianeihochdeitsch

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Im 15. Joahundat, oiso am Iwagaung fum Mitlhochdeitsch zan frian Neihochdeitsch, bassiads owa in ole owadeitschn Dialekt, das des Impeafekt auf oa Moi faschwint und duachs zaumgsezte Peafekt easezt wiad. Wiaso des genau bassiad is woas ma ned wiakli, owa ma glaubt, das auf Grund fu de Laudfaendarungen de Impeafektfoamen laicht zan fawegsln woan mid de Presensfoamen, wai jo a de owadeitschn Dialekt des -e hintn drau gean weka lossn. Des Fenomen, wos ma e-Apokope nend, fiad daun dazua das ma bai de schwochn Veabm koan Untaschiad mea meakt zwischn "er sagt" und "er sagte", oda "er redet" und "er redete".

Damid do koane Unkloaheitn aufkeman, hod ma liawa fum Impeafekt zan Peafekt gwegslt und aso woas kloa, das ma fu da Fagaungenheit ret und ned fu da Gegnwoat. Aundaraseits is a bai de schdoakn Veabm da Impeafekt faschwundn, wos a soicha Fawegslung goa ned gem kina hod, zan Baischbü bai "ich komme" und "ich kam", "ich gehe" und "ich ging". Ma woas a bis heit ned genau, ob des faschwindn fum Impeafekt bai de schwochn oda bai de schdoakn Veabm augfaungt hod. Faktum is owa, dass bis auf zwoa kloane Ausnaumen in de boarischn Dialekt komplet faschwundn is.

De genaue Gschicht fum faschwundan Impeafekt und bsondas wia des am End fum Mitloita im Boarischn genau woa, is owa bis heit ned wiakli eafoascht woan und aso gibts an Haufn mea oda weniga schwindliche Deorin und ned fü haundfesde wissnschoftliche Aussong. Da Brofessa Wiesinger fu da Uni Wean schreibt zan Baischbü:

Es gibt angesichts der Größe des Sprachraums und der Fülle an Textüberlieferungen nur verhältnismäßig wenige Untersuchungen zu den bairisch-frühneuhochdeutschen Schreibverhältnissen des 13. bis beginnenden 16. Jhs.[3]

Oa megliche Eaklearung is owa, das da Impeafekt gauns oafoch zan Konjunktiv woan is, wai im Boarischn wiad da Konjunktiv gauns konsequent aus'n Impeafektschdaum fum Veab büt, oiso: I gang, I gangad, I kam, I kamad, I bracht, I mecht, I mechad, I kant, I kintad, I kunt schau kema ...

A aundane Eaklearung is, das em iwaroi doat wo de geamanischn Schbrochn auf de romanischn und a zum Tei auf de slawischn Schbrochn gschdessn han, da Impeafekt fia de ned muataschbrochlichn Nochban zschwa zan faschdee woa und ma dafia aufs laichda eakenboare zaumgsezde Peafekt ausgwicha is und si so bessa faschdending kina hod. Des wa daun so wos wia a schbrochliche Kreolisiarung gwen und wiakli is umara zu deara Zeid bai de romanischn und slawischn diarektn Nochban fu ins genau des söwa bassiad.

Recht neigsam is a den Kontext àà, dàs no in a boar Zimbrische Mundarten (Sebastiano und Carbonare; in oi zwee Ortschaften iss s Zimbrische heidingdogs scho voreggd) am End vom lezdn Joarhundat Restl vo an Präteritum bei schwache Zeitwerda nochweisbar gween hànd. Der (ned unumstrittne) Bruno Schweizer schreibt, beispuisweis[4]:

"Ich notierte dort folgende Formen:
Seb:
glôubat (glaubte). heeņat (hängte). leeigat (legte). kxentat (zündete). kxierat (kehrte um). muxat (machte). reeidat (redete). setzat (setzte). tontzat (tanzte). sinat (säte). vouršat (fragte). hauwat (hatte). kontorat, kontorôt (erzählte). spasôrat (spazierte)
von eigentlich starken Verben:
nemat (nahm). starbat (zu starm "sterben"). gienat (3. PS. zu ging). bortete (wurde geboren = wurde). spinet (spann). sraigat (schrie). kxeemat (kam). kxaügat (zu kxöin = sagen). seegat (sah). tzigat (zog). trôgat (trug).
Hier ist offenbar das ô-Präteritum des Ahd. verallgemeinert

Carb: weervatn (sie warfen). kxemat (kam). spregarat (zerriß)"

D'Ausnaum sei und woin

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Oanzig de zwoa Veabn "'sei" und "woin" haum im Boarischn schau an Impeafekt. Des güt fia olle boarischn Dialekt.

sei' Hochdeitsch woin Hochdeitsch
I woa ich war I woit ich wollte
du woast du warst du woidst du wolltest
ea woa er war ea woit er wollte
mia woan wir waren mia woitn wir wollten
es woaz ihr wart es woitaz ihr wolltet
se woan sie waren se woitn sie wollten

Wos des sunst nu gibt

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De alemannischn Dialekt, oiso de westlichn Nochban fum Boarisch, haum genau so koa Impeafekt wia mia. Doat gibts übrigens ned amoi de Ausnaum fia de zwoa Veabn "sei" und "woin" und des Impeafekt ois gramatikalische Foam fu da Fagaungenheit is bai denan wiakli komplet faloan gaunga. So hoasts zan Baischbü auf Schwytzerdütsch oiwai "I sej gsi, du sejsch gsi, er isch gsi, mir sejn gsi, ..." und nia "I war", oda iagend so wos in de Richdung. Waun de Foararlbeaga und de Schwom maunchmoi "I war" song, daun is des a schbrochliche Kontaminazion fum aungrenzendn Diarolarisch und Owaboarisch oda fum Hochdeitschn, in eanam Dialekt hods de fria ned gem.

In de mittldeitschn Dialekt, bsondas in de westlichn wia zan Baischbü am Ripuarischn, wiad a oft s'Peafekt liawa fawent ois wia s'Impeafekt. Zum Baischbü sogt ma doat oft liawa wos im Peafekt, wai ma de unreglmesign Foamen fu de schdoakn Veabn famaidn wü ("ich bin geschwommen" schdod "ich schwamm", "ich bin gelaufen" schdod "ich lief" etc.). Oladings wiad des doat ned so sisdematisch gmocht wia in de owadeitschn Dialekt.

Des Faschwindn fum Impeafekt gibts owa a bai de ned-geamanischn Nochbaschbrochn fum Boarischn, de so wia mia oiwai oda fost oiwao blos as Peafekt fawendn. Des is aso in de noaditalienischn Dialekt, wos a blos a pearifrastische Peafekt gibt und des passato remoto und s'Impeafekt fost goa ned fiakeman. Im Furlanischn, im Ladinischn und im Retoromanischn is des mid da Fagaungenheit a mea oda weniga wia bai uns und a im Slowenischn und im gschbrochan Tschechisch is des a umara a so. Sogoa bai de ostfranzösischn Dialekt im Oipnraum gibts a gauns a endlichs Fenomen. Maunche Linguistn, de iwa de Schbrochgrenzn iwagreifend gfoascht haum, haum desweng sogoa de Deori aufgschdöd, dass so wos wia an Oipnschbrochfabund gibt.

Da Hell Sepp vo Troschtberg hod de komblède Büwi ins Boarische iwasezt und im Joa 1998 ois "Sturmibibl" aussa brocht. Dabai hod a zum oan an iwaregionals Boarisch konschdruiad dès wo eau "De Bairische Buechspraach" (les: b-Boarische Buachschbroch) hoassd, wo Vokabln fum gaunzn boarischn Schbrochraum fum Fichtlgebirge bis as Wejschdiaroi ejne fia keman und dè wo an boarisch-gmoageidinge Gràmmàdè hod. Auf da aundan Sait hod a fia sei Iwasezung an boarischn Impeafekt rekonschdruiad, wiar a foa 500 Joa nu exisdiad hod. Zan Baischbü schreibt a bai da Aufeaschdehungsgschicht (Impeafekt fet):

"Eyn n erstn Tag von dyr Woch giengend' d Weiberleut mit de Waaszsalbnen, wo s zuepfraitt hietnd, in aller Frue eyn s Grab. Daa saahend s, däsz dyr Stain von n Grab wögggwöltzt war. Sö giengend einhin, aber önn Leichnam von n Herrn Jesenn fanddnd s nit." Laux 24, 1-2.[5]
Da Wesdmiddlboar lesad dessei aso:
"An errschdn Dog vo da Woch giangand' d-Weiwaleid mid de Wossoima, wos zubroadd hiand, in oia Frua a-s Grob. Do soends, dàs da Schdoau vong Grob wegagweizd wor. Se giangand ejne, awa an Leihnom von Herrn Jèsn fandns ned."

Ku sei das des fia heitige Dialektschbrecha ungwend zan lesn oda zan hean is, owa so wia ea des gmocht hod, dad da boarische Impeafekt woascheinli ausschaung, waun a ned im 15dn Joahundat aus insana Schbroch faschwundn wa.

A weidane Ausnaum is da Hechstalemannische Dialekt Saleydeutsch[6]. Dea Dialekt is bis ins 20. Jhdt in da italienischn Gmoa Saley/Salecchio gredd woan. Ea hod si ois oanziga owadeitscha Dialekt a Präteritum bis in d Gegnwoat bewoaht.

  • Werner Abraham, Jac Conradie: Präteritumschwund und Diskursgrammatik, in gesamteuropäischen Bezügen, areale Ausbreitung, heterogene Entstehung, Parsing sowie diskursgrammaische Grundlagen und Zusammenhänge; John Benjamins Publishing Company, 2001, ISBN 1588110508; online bei Google Books
  • Werner Besch: Sprachgeschichte - Ein Handbuch zur Geschichte der deutschen Sprache und ihrer Erforschung; Kapitel 5.2.4 Der (oberdeutsche) Präteritumschwund; Walter de Gruyter, 1998, ISBN 3110158833
  • Josef Hell: De Bibl auf bairisch - bairische Buechspraach, Trostberg, Selbstverlag, 1998
  1. Peter Wiesinger: Schreibung und Aussprache im älteren Frühneuhochdeutschen: Zum Verhältnis von Graphem, Phonem, Phon am Bairischen-österreichischen Beispiel von Andreas Kurzmann um 1400; Kapitel 3.4.6.4. ‚kommen‘; Walter de Gruyter, 1996, ISBN 3110137275
  2. Turba Delirantium: Walther von der Vogelweide - Palästinalied
  3. Peter Wiesinger: Schreibung und Aussprache im älteren Frühneuhochdeutschen: Zum Verhältnis von Graphem, Phonem, Phon am Bairischen-österreichischen Beispiel von Andreas Kurzmann um 1400; Einleitung, Seite 2; Walter de Gruyter, 1996, ISBN 3110137275
  4. Bruno Schweizer: Zimbrische Gesamtgrammatik, herausgegeben von James R. Dow, Franz Steiner Verlag, 2008, ISBN 978-3-515-09053-7; S. 441.
  5. BR-Online: Bibel-Übersetzung - Wenn Jesus plötzlich Bairisch spricht@1@2Vorlage:Toter Link/www.br-online.de (Seite nicht mehr abrufbar; Suche in Webarchiven)
  6. Monica Valenti (Hrsg.): Tracce Walser. La parlata walser die Salecchio ieri e oggi. Vercelli 2011 (mit CD), S. 109–197.