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Das Gewürzkrämerkleeblatt

Aus Wikipedia
Der Artikl is im Dialekt Weanarisch gschriem worn.
Daten
Titl: Das Gewürzkrämerkleeblatt
Originaltitl: Das Gewürzkrämerkleeblatt oder Die unschuldigen Schuldigen
Goddung: Posse mit Gesang in drei Akten
Originalsproch: Deutsch
Autor: Johann Nestroy
Literarische Voarlog: Trois Épiciers von Lockroy und Auguste Anicet-Bourgeois
Musi: Adolf Müller senior
Eascheinungsjoar: 1845
Uaauffiahrung: 26. Februar 1845
Oat vo da Uaauffiahrung: Theater an der Wien in Wean
Personen
  • Schwefel, Baumöl,[1] Zichori,[2] Gewürzkrämer
  • Madame Schwefel, Madame Baumöl, Madame Zichori, deren Frauen
  • Viktor, Peter, Kommis[3] bei Baumöl
  • Brumm
  • Luise, sein Mündel[4]
  • Frau Schnupf[5]
  • Erstes, zweites Dienstmädchen
  • eine Köchin
  • ein Schusterjunge
  • Chevalier Donnersturm
  • eine Magd, zwei Lehrjungen, in Zichoris Haus
  • ein Hausmeister
  • Regerl,[6] Magd in Baumöls Haus

Das Gewürzkrämerkleeblatt oder Die unschuldigen Schuldigen is a Poss'n mit G'saung in drei Akt vom Johann Nestroy. De Easchtauffüahrung woa'r aum 26. Februar 1845 im Theater an der Wien ois Benefizvuastöllung füa'n Dichta söwa.

De drei G'wüazkrauma Schwefel, Baumöl und Zichori san dicke Freind, owa a jeda von eahna is davau üwazeigt, dass ma denan Weiwaleit' von seine zwaa Freind unbedingt nåchspionian muass, weu denan eahna Flåttahåftichkeit gaunz sicha g'fäahlich warat. Da Kommis Peter siacht an afåch'n Grund dafüa:

„Alle drei sind starke Fünfziger und haben schwache Zwanzigerinnen[7] zur Frauen.“ (Erster Akt, fünfte Szene)[8]

Drum måch'n's beim Red'n untaranaunda ollaweu soichane Audeutungan, de wo von de Partna owa imma nua auf de jeweulich aunda'n zwaa Gattinna bezog'n wea'n. Z'weg'n dera Treu' von da eiganan san's nämli gaunz sicha:

Baumöl: „Mein Weib is ein Muster!“
Schwefel: „Mein Weib is ein Prototyp!“
Zichori: „Mein Weib is halb Tugendspiegel, halb Genius!“ (Erster Akt, fünfzehnte Szene)[9]

Füa den beim Baumöl neuch eitretanan jungan und scharmant'n Kommis Viktor intaressia'n se olle drei Frau'n – waunn aa aus untaschiedliche Gründ': de Madame Baumöl glaubt, dass a üwa früachare Famülienhamlichkeit'n Bescheid waaß, de Madame Zichori fürcht', dass a von ihra a schiach's Büldl aus ihra Jugend håt, und de Madame Schwefel denkt, ea hättat Liab'sbriaf von iahra aun an aundan Mau.

A Billettl vom Viktor aun de Madame Schwefel mit'n Treffpunkt füa's Briafzruckgeb'n wiad vom iahrich'n Gatt'n ohg'faungnt und vua olle laut vuag'les'n. Jede von dene Frau'n glaubt jetzt'n, dass sie damit g'maant warat. In Peter sein g'eabt'n Haus – wo da Treffpunkt is – kumman olle Beteulicht'n z'saumm, dazua no da Brumm mit da Luise, de wo in Viktor valiabt is, owa in Hausbesitza Peter heirat'n soittat. Wia de drei Krauma kumman, vasteck'n si de Frau'n und wea'n von jeweus an aundan Gatt'n g'fund'n. Drum san olle drei no meahra üwazeicht, dass de eigene Frau föhlalos is, nua de aundan warat'n mit leichtsinniche Gattinna g'stråft. Da Viktor kriagt sei Luise und lästat üwa de Leichtgläuwichkeit von de drei Krauma, dass eahnare Gattinnan Enganl warat'n:

„Der Glaube macht selig.“(Dritter Akt, elfte Szene)[10]

Weaksg'schicht'

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De Vualåg füa'n Nestroy sei Stückl woa des dreiaktiche französesche Vaudeville Trois Épiciers (Drei Krämer) von Lockroy (1803−1891) und Auguste Anicet-Bourgeois(1806–1871), des wås aum 20. Jänna 1840 im Théâtre des Variétés[11] von Paris sei Easchtauffüahrung g'håbt håt. De Vualåg is vom Nestroy ziemli genau vawend't wua'n, nua maunche Liadln san entfeant und de Dialog' saumt de Peasaunan lokäu auf Wean umg'mod'lt wua'n. A Nåchteu woa'r olladings, dass da Nestroy dabei de im Origenäu stoak vaschiedanan Charakter' von de Kräma aunanaunda aug'lich'n und daduach auf etliche Spaunnungan vazicht' håt. De Easchtauffüahrung vom Gewürzkrämerkleeblatt is aum 26. Februar 1845 im Theater an der Wien g'wes'n, recht boid nåch dera vom vuaheagaunganan Stückl Die beiden Herren Söhne vom 16. Jänna im söib'n Joahr.

Da Nestroy håt in Zichori, da Alois Grois in Schwefel, da Andreas Scutta (1806–1863) in Baumöl, da Wenzel Scholz in Kommis Peter, da Franz Gämmerler in Kommis Viktor, da Ignaz Stahl in Brumm und in Nestroy sei Leb'nsg'fäahtin Marie Weiler de Madame Schwefel g'spüit.

An eig'nhändich's Manuskript vom Nestroy is no vuahaund'n, de uasprüngli drin enthoitane Tit'lseit'n mit'n Peasaunanvazeichnis is seit 1922 vaschwund'n. Da easchte und da zweite Akt san früacha 'gschrieb'n wua'n ois da dritte (dea wo aa Vuazensua-Aumeakungan duach'n Dichta zeigt håt), wås ma aum vawend't'n Papia siacht.[12] De Origenäupartetua von Adolf Müller is eb'nfois no vuahaund'n.[13]

Zeidungskritik

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De Reakteaun vom Publekum bei de nua via Auffüahrungan woa zwisch'n Szenanapplaus füa'n Nestroy sei Couplet und des Quodlibet[14] auf da aan und Buhg'schraa auf da aundan Seit'n. Aa de Kritik woa'r eha unfreindlich.[15]

In da Wiener Theaterzeitung vom Adolf Bäuerle woa'r in ana kuaz'n Rezenseaun zum les'n:

„Obwohl die Herren Nestroy, Grois und Scutta als Krämerkleeblatt all ihr Gewürz aus der Vorratskammer der Komik zum Besten gaben und die Herren Scholz und Gämmerler [Viktor] als Kommis sie in diesem Bemühen nach Kräften unterstützten, so konnte doch diese Posse am ersten Abend nicht gehörig effektuieren[16]; gewiß aber werden ihr einige Kürzungen bei den folgenden Abenden größeren Beifall erwerben. Die Frauen des Kleeblattes, von Mad.[17] Rohrbeck [Madame Zichori] und den Dlles. Weiler und Herzog [Madame Baumöl] gespielt, hatten nur wenig Gelegenheit, ihre Talente zu zeigen.“

De Vuaheasåg üwa de bessa aufg'nummanan näxt'n Vuastöllungan sa trotz de Ändarungan im Text net in Eafüllung gaunga.

De Wiener Zeitschrift vom Friedrich Witthauer håt de Kritik ois zwaa Dialog' gschrieb'n, anaseits zwaa begeistate Parisa von 1840, aundraseits zwaa grantiche Weana von 1845. Wenicha theatralisch owa mit'n gleich'n Eagebnis håt si da Rezensent von de Sonntagsblätter hea'n låss'n. Da Sammler håt in Grund füa'n föhlat'n Beifoi in dera vüi z'kuaz'n Vuabereitung von dem neuch'n Stückl g'sehg'n und aa da Komponist Adolf Müller is net guat wegkumma:

„Die Musik hätte nicht unerquicklicher sein können.“

Im Humorist nennt da Moritz Gottlieb Saphir, wia fåst ollaweu in Nestroy geg'nüwa negativ, des Stückl „als eine der mattesten, schalsten und geistlosesten Arbeiten Nestroys und sicherlich das spaßloseste“.

Nua da Kritika vom Wanderer håt a bissal a Lob g'fund'n:

„Der Mißerfolg dieser wirklich guten Posse bleibt mit ein Rätsel. […] man sollte das Gute achten und schätzen, wenigstens so lange, bis das Bessere auftaucht. Und wo wäre bis jetzt das Bessere?“

Spätare Fåchkritik

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Da Otto Rommel sågt, dass de stoake Parteinauhm' von maunche wenich'n Kritika gengan Nestroy, de wo scho seit einicha Zeit bemeakboa woa – b'sundas vom Moritz Saphir in seina Zeidung Der Humorist – in Nestroy off'nboa so vaunsichat hättat, dass nåch de Easchtauffüahrungan von de zwaa Stückln Die beiden Herren Söhne und Das Gewürzkrämerkleeblatt von eahm kräftiche Korrektua'n vuag'numma wua'n san. Daduach warat a owa von dera Kritik no vüi meah åbhängich wua'n, a Zuastaund, den wo's vuahea net geb'n hättat.[18]

In da historisch-kritisch'n Nestroy-Ausgåb vom Brukner/Rommel wiad kritisiat, dass de eahoffte Wiakung duach de Vadreifåchung von olle Peasonan und Motiv' üwahaupt's net eitret'n warat. De Wiedaholungan von de Situateaunan hättat råsch a G'füi von Laungweulichkeit aufkumma låss'n. Owa da Vazicht auf de Zwaadeutichkeit'n, de wo's im Origenäu geb'n håt, wiad dafia stoak g'lobt.[19]

Da Helmut Ahrens nennt des Weak „ein in Kolportagemanier zusammengebasteltes Lustspielchen“ (Zitat) und nimmt au, dass de zu dera Zeit aufkummanan Schwierichkeit'n in da Famüli vom Nestroy an Eifluss auf des eha schwåche Stückl g'håbt hättat'n. Wia scho beim vurich'n Die beiden Herren Söhne warat'n aa beim Das Gewürzkrämerkleeblatt de Unaunnehmlichkeit'n bei seina spät'n Scheidung von da Wilhelmine Nespiesni[20] aun de net b'sundas üwazeugat'n dichtarisch'n und schauspülarisch'n Leistungan vom Nestroy schuid g'wes'n. Aus dem Grund singt woahscheinli de kokette Madame Zichori in an Couplet spöttisch üwa de Männa:

„Und die prahl'n sich mit Seelenstärke, dass i nit lach' –
's is a starkes Geschlecht, aber schwach, aber schwach!“ (Zweiter Akt, achte Szene)[21]
  • Helmut Ahrens: Bis zum Lorbeer versteig' ich mich nicht. Johann Nestroy, sein Leben. Societäts-Verlag, Frankfurt am Main 1982, ISBN 3-7973-0389-0.
  • Fritz Brukner/Otto Rommel: Johann Nestroy, Sämtliche Werke. Historisch-kritische Gesamtausgabe, zwölfter Band, Verlag von Anton Schroll & Co., Wien 1929; S. 441–534, 669−687.
  • Otto Rommel: Nestroys Werke. Auswahl in zwei Teilen, Goldene Klassiker-Bibliothek, Deutsches Verlagshaus Bong & Co., Berlin/Leipzig/Wien/Stuttgart 1908.
  1. Baumöl = a oid's Wuat füa's Olivenöl
  2. Zichori = Ziguri, a büllicha Kaffeeeasåtz
  3. Kommis = a oid's Wuat füa (Haundlungs-)G'hüif', Aug'stoita
  4. schaug bei Vuamundschåft
  5. Schnupf = vom Schnupf'n (Rhinitis); aa im Sinn von vaschnupft sei = beleidicht sei
  6. Regerl = mundoatlich füa Regina
  7. schwache Zwanzigerinnen = Dopp'lsinn: 1. kaum zwanz'g Jahrln oid, 2. charaktaschwåche Zwanz'gjahriche
  8. Brukner/Rommel: Johann Nestroy, Sämtliche Werke. S. 450.
  9. Brukner/Rommel: Johann Nestroy, Sämtliche Werke. S. 465.
  10. Brukner/Rommel: Johann Nestroy, Sämtliche Werke. S. 534.
  11. schaug bei Théâtre des Variétés
  12. Handschriftensammlung der Wienbibliothek im Rathaus, Signatur I.N. 33.351
  13. Musiksammlung der Wienbibliothek im Rathaus, Signatur MH 855
  14. schaug bei Quodlibet (Alt-Wiener Volkstheater)
  15. Brukner/Rommel: Johann Nestroy, Sämtliche Werke. S. 678–685. (füa's gaunze Kapit'l „Zeidungskritik“)
  16. effektuieren = französesch füa wiaksaum måch'n
  17. de vaheirat'n Damen von ana Theatatrupp'n san mit Mad. (Madame) betit'lt wua'n; Dlle., Mz. Dlles., is de Ohküazung füa Demoiselle (= Fräulein), de seinazeit übliche Bezeichnung von de unverheirat'n Schauspülarinna
  18. Otto Rommel: Nestroys Werke. S. LXIII–LXIV.
  19. Brukner/Rommel: Johann Nestroy, Sämtliche Werke. S. 677–678.
  20. schaug bei Johann Nestroy#Seine Frau'ng'schicht'n
  21. Helmut Ahrens: Bis zum Lorbeer versteig' ich mich nicht. S. 265–266.