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Lady und Schneider

Aus Wikipedia
Der Artikl is im Dialekt Weanarisch gschriem worn.
Daten
Titl: Lady und Schneider
Goddung: Posse mit Gesang in zwei Acten
Originalsproch: Deutsch
Autor: Johann Nestroy
Literarische Voarlog: Les Mystères de Paris von Eugène Sue
Musi: Michael Hebenstreit
Eascheinungsjoar: 1849
Uaauffiahrung: 6. Februar 1849
Oat vo da Uaauffiahrung: Carltheater in Wean
Oat und Zeid vo da Handlung: Die Handlung spielt theils in einer Provinzstadt, und in dem Schlosse der Lady
Personen
  • Graf von Hohenstein
  • Friedrich, Paul, seine Söhne
  • Lady Bridewell, Wittwe
  • Lord Atworth, ihr Oheim
  • Baronin von Kargenhausen
  • Adele, ihre Tochter
  • Fuchs, Secretair der Baronin
  • Miss Kemble, Kammerfrau der Lady
  • Jean, Bedienter des Grafen Paul
  • Georg, Bedienter im gräflichen Schlosse
  • Restl, ein alter Schneider
  • Linerl, seine Tochter
  • Hyginus Heugeign,[1] Schneider, Linerls Bräutigam
  • Fingerhut, Biegelscheer, Schneidergesellen
  • Ballgäste, Lakais, Musiker

Lady und Schneider is a Posse in zwei Acten von Johann Nestroy. De Easchtauffüahrung woa'r aum 6. Februar 1849 im Weana Carltheater ois Benefiz-Voastöllung füa'n Dichter söwa.

Da Schneider Hyginus Heugeign is a begeistata owa stockdumma Amateuapolitika, des is eahm vüi wichticha ois sei Professeaun und sei Braut Linerl („Politik is auch das Höchste“). Wia daunn duach an Zuafoi da Auftråg kummt, dass a füa de Lady Bridewell a Ballkostüm måch'n soi, spinnt a si då draus augebliche politische Hintagründ' z'saumm:

„Es ist ja zu klar; man is auf mich aufmerksam geworden. Die Aristokratie drängt sich in ängstlicher Ungewißheit an mich, – von meinen Reden in Bierhaus is ihnen kein Wort entgangen bey Hof, – England hat offenbar die Hand im Spiel, das allein is schon Beweis, daß was herausschaut.“ (Zweiter Act, 26.ste Scene)[2]

Da wiakliche Grund is a Intrig'n vim Graf'n Paul geg'n sein öita'n Bruada Friedrich. Da Heugeign vasteht ollas foisch und hoit si füa'n Mitt'lpunkt von politische Hintafotzichkeit'n. De Linerl wiad vom Paul und vom Fuchs ois Mitt'l zum Zweck vawend't, indem's iahra eired'n, nua duach a Vakleidung ois Lady Bridewell könntat's iah'n Bräutegam vua'm Untagaung rett'n. Da Lord Atworth, dea wo des ollas duachschaut, nutzt de Geleg'nheit von an Z'saummtreff'n von olle Beteulicht'n im Schloss von da Lady Bridewell, um seina Nicht'n zum höif'n und de Intregant'n zum bloßstöi'nn. Nua da Heugeign glaubt bis zum Schluss aun sei politische Aufgåb':

Heugeign: „Jetzt muß ich in allem Ernst bitten, daß Sie sich erklären, was mit die gewissen höheren Zwecke is, zu die Sie mich verwenden wollen.“
Atworth: „Ich verstehe Sie nicht –“
Heugeign: „Mit die Staatsumsturz- und Terrorismusentwicklungen?“
Atworth: „Mein erster Ausspruch bestätigt sich, der Mensch ist ein Narr.“
Restl: „Schwiegersohn, der spricht es aus, denkt hab ich mir's schon lang im stillen.“ (Erster Act, 29.steund 30.ste Scene)[3]

Eascht daduach kummt da Heugeign zua Besinnung und keaht reumütich zu seina Linerl und seina Schneida-Weakstått z'ruck.

Weaksg'schicht'

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De Vualåg füa'n Nestroy sei Stückl woa'r a Beoawatung vom Eugène Sue sein Fuatsetzungsroman Les Mystères de Paris (Die Geheimnisse von Paris), dea wo von 1842 bis 1843 in da Parisa Zeidung Le Journal des débats druckt wua'n is. Da Nestroy håt scho friacha in Sue ois Vualåg vawend't g'håbt, nämli 1846 füa Zwey ewige Juden und Keiner des Bühnanstückl Le Juif errant (Der wandernde Jude) und späda (1852) füa'n Kampl des Kapit'l L'Orgueil (Der Stolz) aus dem Roman Les Sept Péchés (Die sieben Todsünden). Auf'n Theatazedl is olladings nua da Vameak g'staund'n: Die Handlung ist theilweise dem Französischen entnommen.[4].

In dera Traditeaun vom Alt-Wiener Volkstheater woa'n de vom Nestroy benutzt'n Passasch'n von de Kostümfestl'n mit Vakleidungan, Entfüahrungan, Gaunan mit Doich' und hamliche Losungan sowia de Roi'n vom Schneida imma vuahaund'n, so dass da Ferdinand Raimund in sein Stückl Die unheilbringende Krone den Schneida Simplizius Zitternadel såg'n lasst:

„[…] jetzt können s' gar kein Stuck mehr aufführen, wo s' nicht was von ein' Schneider drin haben […] (Erster Aufzug, neunte Szene)“[5]

Wia'r aa Judith und Holofernes håt da Nestroy des Stückl in de eascht'n Maunat' nåch da misslunganan Revoluteaun von 1848/1849[6] in Wean g'schrieb'n. In Nestroy sei Lady und Schneider kaunn g'wissamåß'n ois Geg'nstückl aus da Reakteaunszeit zum Revoluteauns-Stückl Freiheit in Krähwinkel g'sech'n wea'n, de Hauptfiga Hyginus Heugeign is de Spiaglung vom Eberhard Ultra, de Lady Bridewell de von da Frau von Frankenfrey.

Während da Ultra ois naiva Begeistata zeichn't wua'n is, zeigt si da Heugeign ois Greß'nwauhnsinnicha, dea nua sein peasönlich'n Eahgeiz nåch Ruhm kennt:

„Sie müssen mich noch wo an die Spitze stellen, sey's Bewegung oder Clubb, liberal, legitim, conservativ, radical, oligarchisch oder gar kanarchisch[7], das is mir alle eins, nur Spitze!“ (Erster Act, 10te Scene)[8]

De Easchtauffüahrung woa'r uasprüngli füa'n 1. Februar vuag'sech'n, is owa z'weg'n ana Kraunkheit vom Wenzel Scholz um aniche Täg' vaschob'n wua'n.

Da Nestroy håt den Hyginus Heugeign, da Wenzel Scholz den Schneider Restl, da Alois Grois den Sekretär Fuchs g'spüit.[4] Des Stückl håt nua sechs Auffüahrungan dalebt (6. bis 11. Februar), bis's füa meahra ois 100 Joahr von de Bühnan vaschwund'n is und eascht 1954 wiedarum g'spüit wua'n is (im Kleinen Theater im Konzerthaus in Wean). A neuchare Auffüahrung håt 2011 bei de Nestroy-Spiele Schwechat ståttg'fund'n.[9]

A voiständiche Haundschrift vom Nestroy is nimma vuahaund'n, bloß aniche Bladln mit Skizz'n füa de Couplets, Szenarien, Tit'lbladln mit Pasonanvazeichniss' und Dialogideen. Auf an von de Bladln wiad da uasprüngliche Tit'l mit Der Mann an der Spitze augeb'n.[10] De Origenäu-Partetua vom Michael Hebenstreit is nimma zum find'n.

Zeidungskritik

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Des Stückl håt nua weniche freindliche Rezenseaunan in de Zeidungan g'håbt, weu nämlich in Nestroy vuag'hoit'n wua'n is, dass a de gråd eascht vagaungane Revoluteaun spöttisch behaund'lt hättat.[11]

Waunn aa de Schwäch'n von dem Thema akzeptiat wua'n san, so woa de Kritik vom 8. Februar 1849 (Nr. 33, S. 131) im Österreichischen Courier (wia'r in Adolf Bäuerle sei Wiener Theaterzeitung füa'r aniche Zeit g'hass'n håt) ois anziche mit an Lob füa de witzich'n Dialog und de politisch'n Auspäülungan bei da Haund:

„Was in diesem Stücke n i c h t von Nestroy ist, erkennt man sogleich, und wir bedauern, daß er sein ausgezeichnetes Talent an einen so matten Stoff gewendet, es fällt jedoch die Unzulänglichkeit des Sujets nicht allzu sehr ins Gewicht, vergißt doch über den Dialog beinahe auf den Faden des Stückes, und hat nur den außerordentlichen Witz des Verfassers im Auge, mit welchem er wieder sein neuestes Elaborat überreich auszustatten wußte.“

Im Untaschied zum Österreichischen Courier, dea wo von an lebhåfte'n Beifoi g'schrieb'n håt, stoit Das freie Österreich, eb'nfois vom 8. Februar (Nr. 37, S. 132), den Grant vom Publekum z'weg'n mauncha politischa Auspülungan fest. Aa is des Föih'n von wiaklich witziche Dialog' kritesiat wua'n:

„Leider bemerken wir heute im abbbesprochenen Stücke wenig gelungene Witze, denen meist die Politik zu Grunde liegt. […] und daß Herr Nestroy bald durch ein kerniges Meisterstück das geflickte Gesellenwerk vergessen läßt.“

Der Humorist vom Moritz Gottlieb Saphir, in Nestroy sei dauanda Kritesiara, håt neb'n ana „equivoquen[12], lasciven Szene“ – da Heugeign nimmt bei da Linerl Måß (2. Akt, 13. Szene) – b'sundas de satirisch'n Kommentar' in de zwaa Couplets kritesiat:

„[…] auch abgesehen hievon waren diese Lieder an sich sehr matt und gehaltlos; das erstere über den Umschwung der Zeit und das Umsatteln abstrahirte der Verfasser meist wohl – von sich[13], und das andere enthielt gar nichts Komisches, denn daß bei der Ueberschwemmung der Leopoldstadt, die Tr[e]ppen erst nachher kommen,[14] ist, falls es noch wahr ist, wirklich nichts Possenhaftes.“

De duachgehat hintafotziche Kritik håt in Nestroy zua'r an grantich'n Auntwuatbriaf ausseg'foadat, dea wo aum 18. Februar 1849 im Österreichischen Courier (Nr. 168) vaöffentlicht wua'n is. De satirische Auntwuat auf'n Saphir seine Unfreindlichkeit'n håt Das freie Österreich aum 22. Februar mit an insgesaumt zwölfteulich'n zuastimmat'n Kommentar bråcht:

„[…] 12. Wer kann wohl noch so albern fragen? – Ueber den Werth und die Wichtigkeit der Saphir'schen Kritiken sind ja längst schonm die Akten geschlossen.“

Im Wanderer vom 8. Februar is außa mauncha Kritik aum Stückl aa behauptet wua'n, dass de Vualåg' a französisch's Vaudeville[15] mit'n Tit'l Friseur und Minister warat, „dessen Originalautoren uns bekannt sind“ (Zitat). Olladings håt da Rezensent den Nauman von de Autoa'n net bekaunntgeb'n und a Vaudeville mit so an Tit'l is bislaung (Staund 2000) no net aufg'fund'n wua'n.

Negative Rezenseaunan woa'n eb'nfois in da Wiener Zeitschrift (8. Februar, Nr. 27, S. 107), im Patrioten (9. Februar, Nr. 34, S. 270–272), in da Allgemeinen Österreichischen Zeitung (10. Februar, Nr. 40, S. 276) – de Zeidung håt des Stückl mit „Reaktionsknödeln mit radicalem Sauerkraut“ (Zitat) vaglich'n – und aniche aundare Bladln zum les'n.

Spätare Fåchkritik

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Da Otto Rommel vamut't, dass da Eafoig von dem Stückl beim Publekum wenicha auf de „matte und unzulängliche Handlung“ (Zitat), sundan eha auf de politisch'n Auspülungan im Text vom Hyginus Heugegn, in Nestroy sei Roi'n, zum z'ruckfüah'n woa, füa de's Publekum 1849 a schoaf's Uahwaschl g'håbt hättat.[16]

Vom Helmut Ahrens wiad festg'stöit, dass des Poss'ng'spüi zeigt, dass da Nestroy zwoa'r anaseits unglicklich üwa'n Valust von dera gråd eascht kuaz g'wunnanan Freiheit g'wes'n woa – de Zensua is vom jungan Kaiser Franz Joseph I. gaunz nåch'n Vuabüid von da Biedermeier-Zeit wieda eig'füaht wua'n – dabei aundraseits wiedarum sei Ausweich'n vua'r ana politisch'n Festlegung zum dakenna gibt. Deitli warat olladings zum dakenna, dass da Dichta des Föih'n von ana neuch'n Uadnung, ana neuch'n Freiheit und ana echt'n Gleichheit ois Foige von da Revoluteaun vamisst, wås bei eahm zu ana depressiv'n Stimmung in de Couplets vom Hyginus Heugeign füah'n tättat.[17]

Beim Peter von Matt wiad in Nestroy sei „schwankender Heroismus“ (Zitat) nåch da Niedaschlågung von da Revoluteaun gaunz deitlich aug'sproch'n. Nåch'n Matt seine Argument'n hättat da Vafåssa von Freiheit im Krähwinkel 1849

„keine Neigung zum politischen Märtyrertum. Es liegt ihm sehr am persönlichen Wohlergehen, mehr noch an der ungebrochenen Entwicklung seines Finanzhaushalts. […] Nach dem blutigen Oktober 1848 ist Nestroy offensichtlich darauf bedacht, sich mit einigen pointiert reaktionären Äußerungen [in Lady und Schneider] öffentlich abzusichern.“

DTrotzdem warat'n nåch'n Matt vüile vom Heugeign seine Sprüch' mit Åbsicht doppedeitich, weul a z' Recht aunehma kunnt, dass de Zensoa'n kompliziatare Z'saummhäng net dakenna tät'n.[18]

  • Helmut Ahrens: Bis zum Lorbeer versteig ich mich nicht. Johann Nestroy, sein Leben. Societäts-Verlag, Frankfurt am Main 1982, ISBN 3-7973-0389-0.
  • John R. P. McKenzie (Hrsg.): Johann Nestroy, Stücke 26/II. In: Jürgen Hein/Johann Hüttner/Walter Obermaier/W. Edgar Yates: Johann Nestroy, Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Franz Deuticke Verlagsgesellschaft, Wien 1998, ISBN 3-216-30314-4; S. 1–80, 153–292.
  • Otto Rommel: Nestroys Werke. Auswahl in zwei Teilen, Goldene Klassiker-Bibliothek, Deutsches Verlagshaus Bong & Co., Berlin/Leipzig/Wien/Stuttgart 1908.
  1. Heugeign = weanarisch füa'r an groß'n, måga'n Mensch'n; eigentlich a Pflock mit Åststumml'n zum Heutrockna, schaug bei Heumandl
  2. McKenzie: Johann Nestroy, Stücke 26/II. S. 37–38.
  3. McKenzie: Johann Nestroy, Stücke 26/II. S. 79–80.
  4. 4,0 4,1 Faksimile vom Theatazedl in John R. P. McKenzie: Johann Nestroy, Stücke 26/II. S. 483
  5. Rudolf Fürst: Raimunds Werke in drei Teilen; Dritter Teil. Goldene Klassiker-Bibliothek, Deutsches Verlagshaus Bong & Co., Berlin/Leipzig/Wien/Stuttgart 1909; S. 20.
  6. schaug bei Revolution von 1848/1849 im Kaisertum Österreich
  7. Wortspiel: gar ka = wienerisch für gar kein, nichts davon
  8. McKenzie: Johann Nestroy, Stücke 26/II. S. 23.
  9. 23. Jänner 2011 im Kultur-Channel. Archiviert vom Original [1] am 4. Meaz 2016; abgerufen am 9. August 2016.
  10. Handschriftensammlung der Wienbibliothek im Rathaus, Signaturen I.N. 33.381, 33.382, 33.383, 33.384, 33.385, 33.386, 33.387, 33.388, 33.389, 35.051, 94.356, 94.374, 94.375, 94,387; Faksimiles von 33.386, 94.374 und 94.375 in McKenzie: Johann Nestroy, Stücke 26/II. S. 484–486.
  11. McKenzie: Johann Nestroy, Stücke 26/II. S. 171–194. (für das gesamte Kapitel Zeitgenössische Rezeption)
  12. équivoque = französesch füa zwaadeutich, auzüglich
  13. Couplet vom Heugeign im 1. Akt, 8. Szene: Auspülung auf's politische „Umsåtteln“ von vüile Zeitgenoss'n nåch da Niedaschlågung von da Revoluteaun; da Saphir wiaft doda in Nestroy vua, dass a von si söwa auf aundere schliaßt
  14. Couplet vom Heugeign im 2. Akt, 17. Szene: Nåch an Eisstoß mit ana drauffoigend'n Üwaschwemmung in da Leopoldstadt im Jänna 1849 soi da Aufbau von de notwendich'n Trepp'n (Hoizsteg') füa de Bevöikarung eascht nåch åcht Täg' eafoigt sei
  15. schaug bei Vaudeville als Pariser Theatergattung
  16. Otto Rommel: Nestroys Werke. S. LXXVIII–LXXIX.
  17. Helmut Ahrens: Bis zum Lorbeer versteig ich mich nicht. S. 314–317.
  18. Peter von Matt: Nestroys Panik. In: Das Schicksal der Phantasie. Studien zur deutschen Literatur. Hanser, München/Wien 1994, S. 142.