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Theaterg’schichten

Aus Wikipedia
Der Artikl is im Dialekt Weanarisch gschriem worn.
Daten
Titl: Theaterg'schichten
Originaltitl: Theaterg'schichten durch Liebe Intrigue, Geld und Dummheit
Eines Dummkopf's Leidenschaften
Goddung: Posse mit Gesang in zwey Acten
Originalsproch: Deutsch
Autor: Johann Nestroy
Literarische Voarlog: Olympia de Clèves von Alexandre Dumas père
Musi: Carl Binder
Eascheinungsjoar: 1854
Uaauffiahrung: 1. Februar 1854
Oat vo da Uaauffiahrung: Carltheater in Wean
Oat und Zeid vo da Handlung: Die Handlung spielt im ersten Act in einer kleinen Provinzstadt, im 2ten Act, um 8 Tage später, in einer Hauptstadt[1]
Personen
  • Sebastian Stößl[2], Apotheker und Raths-Vorstand in einer kleinen Provinzstadt
  • Conrad, Philippine, seine Kinder
  • Mathias Damisch[3], Stößl's Mündel und Philippines Bräutigam
  • Schofel[4], concessionierter[5] Theater-Director
  • sämtlich bey Schofel's Unternehmung engagiert:
    • Rosaura, seine Nichte
    • Maxner[6], Theatermeister[7]
    • Katharina, seine Frau
    • Lisl, Mali, beyder Töchter, Schauspielerinnen
    • Krammer, Regisseur
    • Spindl, Soufleur
    • Fink, Inspicient[8]
    • Clair, Stubenmädchen bei Rosaura
    • Spornhofer, Heldenspieler
  • James Inslbull, ein Englischer Rentier
  • Felber, ein Handwercker
  • ein Doctor
  • Werner, sein Kanzelist
  • ein Wachter, ein Bureau-Diener, ein Wärter
  • Herren und Frauen, Wärter, Wächter, Schauspieler und Schauspielerinnen

Theaterg'schichten durch Liebe, Intrigue, Geld und Dummheit is a Posse mit Gesang in zwey Acten vom Johann Nestroy. Des Stückl is 1854 vafåsst und aum 1. Februar vom söib'n Joahr zum eascht'n Moi ois Benefiz-Vuastollung füa'n Dichta söwa g'spüit wua'n.

Da Mathias Damisch, da Bräutegam von da Philippine, mecht unbedingt zum Theata. Sei Vuabüid is in Stößl sei Bua, da Conrad, dea wo olladings des Theata scho gaunz entteischt valåss'n håt und Kunstmåla wua'n is. Da Damisch setzt si üwa'n Conrad seine Woanungan und da Philippine iah Bitt'n weg, obwoi da Stößl droht:

„[…] als Raths-Oberhaupt werd ich blitzen, als Apotheker muss ich donnern, und als Vormund schlag' ich vielleicht ein.“ (I. Act, 2te Scene)[9]

Obwoi sei easchta Bühnanauftritt, wia'r a den ohg'reist'n Spornhofer vatritt, duach a Gewitta untabroch'n wiad, ziagt da Damisch mit'n Schofel seina Trupp'n weida und valiabt si in de Rosaura. Vageblich vasuacht da Conrad, ois Rosaura vakleidet, eahm de Schwäamarei zum austreib'n; eascht wia's söwa iah'n Egoismus zagt, draht a duach. Da Damisch wiad drum in a Noarr'nhaus eig'liefat, wo aa da Schofel Zuaflucht suacht, damit a vua de Gasch'nfoadarungan von seine Akteua davaurenna kau:

„Das ist sehr einfach; ich bin über alle diese Unglücksfälle narrisch word'n, und deßhalb meld' ich mich bey Ihnen.“ (II. Act, 21ste Scene)[10]

Da Maxner vaspricht, de offanan Gasch'n zum zoih'n und de Trupp'n zum üeanehma. Trotzdem kau da Damisch net begreif'n, dass sei fixe Idee, a Schauspüla zum wea'n, a Bleedsinn is. Då varråt da Conrad denan Aunwesend'n, dass de Rosaura sei Gattin is, de wo'r a unbedingt loswea'n mecht. Aa de Rosaura is einvastaund'n, weu's mit da Hüif' vom Inslbull an Kontrakt füa'r a Großstådttheata kriagt håt. Jetzt'n gibt da Damisch auf und nimmt si vua, zua Philippine z'rück zum kumma und Apotheka zum wea'n. Da Maxner wiad da neuche Direkta und vaspricht in Schofel:

„Du bist ja kein Director mehr, aber viel besser wirst du dich künftighin als mein erster Komiker befinden.“ (II. Act, 35ste Scene)[11]

Weaksg'schicht'

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Ois Vualåg füa'n Nestroy sei Weak is nåch ana joahrelaungan Suacharei von de Fåchleit' da Roman Olympia de Clèves[12] vom Alexandre Dumas dem Älteren ausg'måcht wua'n.

Nåch'n Misseafoig von Heimliches Geld, heimliche Liebe und trotz dera neuch'n Begeistarung vom Vuastådtpublekums füa de Vaudevilles håt si da Nestroy traut, a weanarische Komödi zum präsentia'n. Trotz da französesch'n Vualåg is eahm a recht a weanarische Poss'n g'lungan. Ea is desmoi in ana eahm wiakli guat bekaunnt'n Umgewung, dem Theata, blieb'n. A Bühne auf da Bühne woa da Höhepunkt vom I. Akt, a Schmier'ntheata[13] des Miljöh. Dees håt da Nestroy benutzt, um a schoafe Ironie üwa de Kolleg'n, de Kolleginna und den gaunz'n Theatabetriab zum ausgiass'n.[14] Den entteischt'n Ex-Schauspüla Conrad låsst a dees aa deitli såg'n:

„[…] wie jeder Schauspieler ein großer Mime ist, dem es nur an Glück fehlt, nie an Talent – wie noch gar kein Dichter ein schlechtes Stück geschrieben, sondern jedes Verunglückte nur durch die Darsteller geworfen wurde – wie jede Schauspielerin nur Kunst- und Platonische und gar keine andere Liebe fühlt – und wie jede Choristin ein braves Mädl ist – und wie jede Tänzerin nur deßwegen was annimmt, weil sie eine 65jährige Mutter und eine 4jährige Schwester hat – das Alles – mit einem Wort, ich hab' es satt gekriegt.“ (I. Act, 4te Scene)[15]

Des Stückl is aum Aufaung recht oft aufg'füaht wua'n – aa bei an Gåstg'spüi in Berlin 1854 – und is eascht im späta'n 19. Joahrhundat a bissl in Vagess'nheit g'råt'n, da Vasuach von ana Wiedaaufnauhm' 1872 woa net eafoigreich.

Da Nestroy håt in Mathias Damisch, da Wenzel Scholz in Schofel, da Alois Grois in Sebastian Stößl und da Karl Treumann in Kanzlist'n Werner g'spüit. Aa bei sein Gåstg'spüi in Berlin håt da Nestroy in Mathias Dämlich (sic!) g'spüit (Nauman von de Figua'n füa de Auffüahrung g'ändat).[16]

Des Origenäumanuskript vom Nestroy ist nimma vuahaund'n, nua da Zensuarakt is no vuaz'find'n.[17] Olladings exestiat an unvoiständiche Origenäuhaundschrift unta'n Tit'l Eines Dummkopfs Leidenschaften, de wo zum gresst'n Teu recht nåh aum endgüitich'n Stückl liegt.[18] Aussadem wea'n aniche eig'nhändiche Entwüaf' von Monolog' und Coupletstroph'n aufbewoaht.[19]

Zeidungskritik

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De Zuastimmung is vom Publekum kumma, bei de Kritika håt in Nestroy sei neuch's Stückl a recht g'mischte Beuateulung g'fund'n.[20]

So håt Der Humorist von dem oft seah Nestroy-kritisch'n Moritz Gottlieb Saphir aum 2. Februar 1854 (Nr. 27, S. 106) g'schrieb'n:

„Als Stück ist das Stück unter jeder Beachtung! Nichts darüber. Als ‚Faschings-Parodie‘ hat das Ding kostbare Einzelheiten, gelungene Couplets, drastische Szenen, und wenn man nicht mit sich rechnet, ob die langweiligen Engländer-Szenen nicht hundert komische Szenen totschlagen, kann man sich sehr der Lachlust hingeben. […] Das Haus war gedrängt voll und sehr animiert.“

Aundas dageg'n Der Wanderer vom gleich'n Tåg (Nr. 53):

„Aber dafür hat Nestroy eine Fülle seines besten Humors darüber ausgebreitet, reiche, schlagende Szenen eingewoben, und insbesondere mit der Reproduktion einer Arena[21], deren Vorstellung Jupiter Pluvius[22] unterbricht, einen glücklichen, lebendigen und wirksamen Griff ins Leben getan.“

In Adolf Bäuerle sei Wiener Theaterzeitung håt aum 5. Februar (Nr. 28, S. 26)[23] b'sundas den im Vagleich zu de aundan Vuastådtbühnan groß'n Eafoig von dem „Cassastück“ (Zitat) eawähnt. Im Österreichischen Zuschauer is aum 8. Februar (Nr. 11, S.  175) betont wua'n, des Stückl warat „für die tolle Faschingszeit“ (Zitat) gråd richti. Im Fremden-Blatt is de Poss'n ois „Faschingsjux“ (Zitat) bezeichn't wua'n, dea wo maunches entschuidig'n tättat. In da Ost-Deutschen Post woa'r aum 2. Februar (Nr. 27) zum les'n, des Weak warat eha ois „Arbeit eines Schülers“ (Zitat) zum weat'n, hättat olladings recht untahoit'n.

In da Wiener Zeitung håt ma aum 3. Februar (Nr. 29, S. 318) les'n kenna:

„Die neue Posse von Herrn Johann Nestroy ‚Theaterg'schichten durch Liebe, Intrigue, Geld und Dummheit‘, zum Benefiz des Verfassers am Mittwoch im Carl-Theater zum ersten Mal aufgeführt, hat einen brillanten Erfolg gehabt und wird denselben ganz unzweifelhaft in einer langen Reihe von Wiederholungen unverkürzt behaupten.“

Spätare Fåchkritik

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Da Otto Rommel maant, dass des Weak zu dene „Schauspielstücken der letzten [Schaffens-]Periode“ zum dazuarechna warat, es hättat, genau a so ois wia „Nur keck!“ (1855) und Umsonst! (1857),

„keinen anderen Zweck, als Nestroy und Treumann Gelegenheit zu geben, sich in möglichst viel verschiedenen Rollen zu zeigen.“

Da Inhoit tät drum in' Hintagrund ruck'n, da Schweapunkt liegat im dauand'n Roi'n- und Kostümtausch, es kenntat deshoib ois Vakleidungsposs'n bezeichn't wea'n.[24]

Da Helmut Ahrens weist drauf hi, dass da Theatadirekta Schofel von de Weana safuat ois Parodie auf den bei de Gasch'n unhamli spoasauman Direkta Carl Carl eakaunnt wua'n warat. Ea find't's zwoa bemeak'nsweat, dass da Carl des Stückl trotzdem zuag'låss'n håt, da zum eawoat'nde finanziölle Eafolg hättat eahm owa vamutlich üwazeicht. Dennoch hau'm de Direakta-Szenan im Nåchhinein an makaba'n Beig'schmåck kriagt, weu jå aum 2. August von dem Joahr da schweakraunke Carl z'eascht seine Direkteaunsaufgåb'n aunan Alois Grois üwageb'n håt, aum 14. August daunn in seina Summafrisch' in Bad Ischl vastuab'n is.[25]

  • Otto Rommel: Nestroys Werke, Auswahl in zwei Teilen, Goldene Klassiker-Bibliothek, Deutsches Verlagshaus Bong & Co., Berlin/Leipzig/Wien/Stuttgart 1908.
  • Fritz Brukner/Otto Rommel: Johann Nestroy, Sämtliche Werke. Historisch-kritische Gesamtausgabe, vierzehnter Band, Verlag von Anton Schroll & Co., Wien 1930.
  • Helmut Ahrens: Bis zum Lorbeer versteig ich mich nicht. Johann Nestroy, sein Leben. Societäts-Verlag, Frankfurt am Main 1982, ISBN 3-7973-0389-0.
  • Jürgen Hein (Hrsg.): Johann Nestroy; Stücke 33. In: Jürgen Hein/Johann Hüttner: Johann Nestroy, Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Jugend und Volk, Wien/München 1993, ISBN 3-224-16908-7.
  1. g'maant is Wean
  2. Stösslweanarisch füa'r an Mörser, des (Apotheka-)Weakzeig zum Pulva-Måch'n
  3. damisch – weanarisch füa oam aum Geist, bleed; bei da Berlina Auffüahrung is da Nauman auf Dämlich g'ändat wua'n
  4. schofel = schäwich, geizich
  5. concessioniert = håt a Spüibewüllichung
  6. Maxen – weanarisch füa Göid
  7. Theatermeister = Chef von de Bühnan-Oawata
  8. Inspicient = Mitoawata, dea wo füa'n Åblauf von da Vuastollung suagt
  9. Jürgen Hein: Johann Nestroy; Stücke 33. S. 8.
  10. Jürgen Hein: Johann Nestroy; Stücke 33. S. 65.
  11. Jürgen Hein: Johann Nestroy; Stücke 33. S. 81.
  12. Kapit'leiteulung und Inhoitsaugåb in Jürgen Hein: Johann Nestroy; Stücke 33. S. 100–109.
  13. schaug bei Schmierentheater
  14. Helmut Ahrens: Bis zum Lorbeer versteig ich mich nicht. S. 336–338.
  15. Jürgen Hein: Johann Nestroy; Stücke 33. S. 11–12.
  16. Faksimiles von de zwaa Theatazedln in Jürgen Hein: Johann Nestroy; Stücke 33. S. 370–371.
  17. Niederösterreichisches Landesarchiv, Nr. PRnbsp;No 286 1854.
  18. Handschriftensammlung der Wienbibliothek im Rathaus, Signatur I.N. 33.428.
  19. Handschriftensammlung der Wienbibliothek im Rathaus, Signaturen I.N. 33.430, 33.431, 33.444, 33.445, 36.791, 91.407, 99.487, 104.600, Musiksammlung, Signatur MH 9039/c.
  20. Jürgen Hein: Johann Nestroy; Stücke 33. S. 176–184. (füa's gaunze Kapit'l Zeidungskritik)
  21. Arena = früachara Nauman füa'r a Freiliachtbühne
  22. Jupiter Pluvius = Jupiter ois Wettagott, in dem Stückl ois Reg'nmåcha
  23. de vuahagehate Ausgåb' is „wegen Beanstandung eines Artikels“ eizog'n wua'n
  24. Otto Rommel: Nestroys Werke, Erster Teil, S. LXXXII.
  25. Helmut Ahrens: Bis zum Lorbeer versteig ich mich nicht. S. 337-338.